Aspekte zu NpS-Konsumenten
In einer nicht repräsentativen, aber mit einer 860 Personen umfassenden großen Stichprobe durchgeführten Online-Befragung zum Thema Legal Highs von Werse & Morgenstern (2011) wurden erstmals Informationen über die bislang aus sozialwissenschaftlicher Sicht gänzlich unerforschten Legal Highs-Konsumierenden erhoben. Schwerpunkte der Befragung, mit der tendenziell eher erfahrene und aktuelle Legal Highs-Konsumenten erreichten wurden, waren Konsumerfahrungen und -muster bezüglich unterschiedlicher Legal Highs sowie anderer legaler und illegaler Drogen, Konsummotivationen, Ort des Konsums, Bezugs- und Informationsquellen sowie soziodemographische Hintergründe.
In der deutschlandweiten Studie war der überwiegende Anteil der Konsumenten männlich (89%), junge Erwachsene im Durchschnittsalter von 24,2 Jahren und wiesen ein vergleichsweise hohes Bildungsniveau auf. Dabei waren Personen aus den südlichen Bundesländern (insbesondere Bayern) deutlich überrepräsentiert.
Insgesamt werden neue synthetische Drogen zumeist von erfahrenen Konsumenten illegaler Substanzen konsumiert. Fast alle hatten schon Kontakt mit illegalen Substanzen (95%).
Hauptsächlich werden NpS als Ersatzstoffe zu illegalen Substanzen konsumiert, entweder weil diese nicht verfügbar sind oder weil NpS relativ einfach über das Internet bezogen werden können, ohne mit einer Strafverfolgung rechnen zu müssen.
Des Weiteren werden NpS oftmals zu Verschleierungszwecken wegen Nichtnachweisbarkeit (z.B. bei Verkehrskontrollen) oder zur Erweiterung des Drogenspektrums verwendet.
Besonders intensiver Konsum liegt bei Konsumenten von Kräutermischungen bzw. synthetischen Cannabinoiden vor. Fast 2/3 der aktuell Konsumierenden von Kräutermischungen / synthetischen Cannabinoiden konsumieren auch Cannabis.
Insbesondere bei Konsumenten von synthetischen Cannabinoiden war die fehlende oder erschwerte Nachweisbarkeit ein Konsummotiv. Überwiegend um Sanktionen durch die Polizei und Verkehrsbehörden aus dem Weg zu gehen, konsumieren diese Personen dann synthetische Cannabis-Ersatzprodukte.
Die chemischen Reinsubstanzen (mit Amphetamin-ähnlicher, MDMA-ähnlicher oder halluzinogener Wirkung) wurden vor allem von erfahrenen, experimentierfreudigen Konsumenten bezogen und eingenommen.
Konsumenten von Legal Highs verfügen nahezu immer über Vorerfahrungen mit illegalen Drogen: 99% konsumierten mindestens einmal im Leben eine illegale Droge, 80 % mindestens eine illegale Substanz außer Cannabis.
Auch wenn die Konsumierenden überdurchschnittlich häufig ihre Freizeit in der Partyszene (Clubs und Diskotheken) verbringen, so erfolgt der Konsum von NpS doch weit überwiegend in privaten Wohnungen. Konsumenten von sog. „Badesalzen“ (z.B. Cathinon-Derivate) sind eher der Partyszene zuzuordnen.
Typologie von NpS-Konsumenten
Probierer / Gelegenheitskonsumenten
Weitaus größte Gruppe
Substituierer
Ersetzen illegale Drogen komplett mit Legal Highs; relativ kleine Gruppe
Kiffer 2.0
Abwechselnder Konsum von Cannabis und Räuchermischungen / synthetischen Cannabinoiden, relativ weit verbreitet
Spezialisten
Experimentierfreudige „Psychonauten“, konsumieren v.a. RCs in Kombination mit anderen illegalen Drogen; Legalität spielt nur eine nachrangige Rolle
Omnivores / Allesnehmer
Regelmäßige Konsumenten unterschiedlicher Drogen; nehmen alles, was gerade verfügbar ist; legal / illegal und Deklaration spielt nur eine nachrangige Rolle
Konsummotivation
- Berauschende Wirkung / „high werden“ am häufigsten genannt (77%)
- Neugier (62%)
- Legaler Erwerb (61%)
- Erholung / Entspannung (57%)
- Abwechslung (37%)
- Nicht-Nachweisbarkeit (34%)
- Versorgungsengpass mit anderen Drogen (33%)
- Günstiger Preis (13%)
- Weil Freunde auch konsumieren (11%)
- Weil ich Probleme hatte (5%)
Informations- und Bezugsquellen der Konsumenten
Zu den mit Abstand am häufigsten verwendeten Informationsquellen der Legal-Highs- Konsumierenden zählen Online-Foren. Über einschlägige User-Foren (z.B. „Land der Träume“, „Erowid“, „Eve & Rave Schweiz“) finden sich genügend Wege des Informationsaustausches, so dass auch unerfahrene Konsumenten an vermeintlichem „Experten-Wissen“ partizipieren können.
Internet-Shops im In- und Ausland sind einer Online-Befragung zum Thema Legal Highs (Werse & Morgenstern, 2011) zufolge die deutlich wichtigste Bezugsquelle für jegliche Art von Legal Highs. Darüber hinaus werden sie, darunter insbesondere Kräutermischungen, von einer Teilgruppe der Konsumenten auch über Headshops oder Freunde und Bekannte bezogen.
Medien hingegen werden kaum genutzt. Dies weist darauf hin, dass sowohl die Aktualität der Informationen als auch die Tatsache, dass diese von mit den Substanzen vertrauten Berichterstattern vermittelt werden, von zentraler Bedeutung sind.
Zusammenfassung:
- Bezugsquelle von NpS ist überwiegend das Internet
- Headshops spielen trotz Verbot ebenfalls eine gewisse Rolle
- Auch der Freundeskreis dient häufig als Bezugsquelle
- Informationen über NpS werden vorwiegend aus Online-Foren bezogen
- Andere Wissensportale (z.B. Wikipedia) spielen als Informationsquelle ebenfalls eine zunehmende Rolle
- 20 % informieren sich über Präventions-Websites (z.B. MINDZONE, Drugcom); leicht steigende Tendenz
Indikatoren für einen NpS-Konsum
- Notwendige Akut-Behandlung in der Notaufnahme (z.B. wegen Überdosierung/ Intoxikation)
- Regelmäßiger Beikonsum von NpS
- Gegenwärtiger intravenöser Konsum jeglicher Substanzen
- Selbstberichtetes Unvermögen, den NpS-Konsum zu verändern bzw. zu beenden, trotz mehrfacher Versuche
- Wiederholte Vorstellung in der Beratungsstelle aufgrund von drogenbedingten Schäden (psychisch, physisch, sozial)
- Wunsch nach Therapie; Selbsterkenntnis des Bedarfs an spezialisierten Hilfestellungen und therapeutischer Unterstützung
Quelle:
Neptune Manuel – Novel Psychoactive Treatment UK Network, London, 2015.
Deutsche Übersetzung durch SuPraT:
Handlungsempfehlungen zum klinischen Umgang mit akuten und chronischen Schäden durch Partydrogen und neue psychoaktive Substanzen