- Wirkmechanismen, Toxizität, mögliche Langzeitfolgen und tödliche Dosis sind größtenteils unbekannt
- Wechselnde Wirkstoff-Zusammensetzung
- Dosierungen im Mikrogramm-Bereich; Gefahr der Überdosierung
- Sich wandelnde, oft unzureichend verstandene Konsummotive
- Konsumformen und –verhaltensweisen im ständigen Wandel
- Fehlende Screening-Instrumente zur Detektion von problematischem Konsum
- Wegen schwieriger Nachweisbarkeit oftmals Behandlung im „Blindflug“
- Neue Bezugswege (z.B. Darknet) mit unbekannten Gefahren
- Prävention und Risikokommunikation ist in speziellen Subkulturen (z.B. Partyszene, Schwulenszene) schwierig
- Kenntnisstand bei den vielfältigen Substanzen kaum erfassbar
- Häufige Intoxikationen und medizinische Notfälle
- Unübliche Verläufe beim Entzug
- Ausprägung / Häufigkeit von Psychosen (v.a. bei synthetischen Cannabinoiden)
- Wenig Wissen zu Akut- /Langzeitfolgen; spezielle (noch unbekannte) gesundheitliche Folgewirkungen
Quelle:
Neptune Manuel – Novel Psychoactive Treatment UK Network, London, 2015.
Deutsche Übersetzung durch SuPraT:
Handlungsempfehlungen zum klinischen Umgang mit akuten und chronischen Schäden durch Partydrogen und neue psychoaktive Substanzen
Besonderheiten von synthetischen Cathinonen (sog. „Badesalze“)
Beim Konsum von synthetischen Cathinonen (sog. „Badesalze“ wie z.B. Mephedron, MDPV) ist die Wahrscheinlichkeit für psychische und körperliche Komplikationen der Konsumenten extrem hoch.
Insbesondere die intravenöse Applikation von synthetischen Cathinonen ist mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden. Neben der Gefahr für lebensbedrohliche Überdosierungen besteht das Risiko für unkalkulierbare Wechselwirkungen (z.B. durch enthaltene Verunreinigungen und Streckmittel).
Zudem treten nach längerem, intravenösem Konsum von Badesalzen gehäuft Abszesse und septische Komplikationen auf, die sich beispielsweise an Herz, Lunge und Wirbelsäule manifestieren. Möglicherweise liegt das daran, dass Badesalze im Gegensatz zu Heroin vor der Injektion nicht aufgekocht werden. Auch Nekrosen, einem örtlichen Absterben des Gewebes, wurden bei einigen Betroffenen beobachtet.
Möglich sind auch massive kardiovaskuläre Begleiterscheinungen (z.B. Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Thrombosen bis hin zum Herzinfarkt), die viel gravierender sind als beim nasalen / oralen Badesalz-Konsum.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen und Intoxikationssymptomen synthetischer Cathinone zählen: Tachykardie (22-56 %), arterielle Hypertonie (4-25 %), Palpitationen (11-28 %), Brustschmerzen (6-28 %), Agitation (50-82 %), Aggression (57 %), Halluzinationen (27-40 %) und Verwirrtheit (14-34 %).
Quelle:
Dokumentation 33. BAS-Tagung des Netzwerkes Sucht „Riskanter Konsum und Safer Use
Des Weiteren wurden bei betroffenen Konsumenten Muskelzucken, Taubheits- und Kältegefühl in den Extremitäten, Magenschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Dehydrierung bis hin zu schweren, lebensbedrohlichen Symptomatiken beobachtet, wie z.B. Krampfanfälle, Schlaganfall, Hirnödem, akutes Nierenversagen.
Im psychischen Bereich wird vermehrt von „Badesalz“-induzierten Psychosen bzw. psychotischen Zuständen berichtet, wie z.B. Verfolgungswahn, paranoide Wahnvorstellungen, Panikattacken, Gedächtnisverlust, Halluzinationen, Sprachproblemen, Angstzustände und raptusartige Erregungszustände. Insbesondere erhöht der Konsum von „Badesalzen“ die Aggressivität – gegen sich selbst und gegen andere.
Ein Großteil der „Badesalz“-Konsumenten hat mindestens einmal akute Neben- und Nachwirkungen und dies umso häufiger, je regelmäßiger das Konsummuster ist. Die Mehrzahl schätzt das Risiko sowohl akuter körperlicher Probleme als auch von Langzeitschäden hoch ein. Diese Nebeneffekte werden von Konsumenten oftmals als sehr unangenehm empfunden. Rund ein Drittel lässt sich durch Nebenwirkungen davon abhalten, den Konsum bestimmter Produkte fortzusetzen.
Quelle:
Online-Befragung zu Legal Highs, Centre for Drug Research, Uni Frankfurt (Werse & Morgenstern, 2011)
Viele „Badesalz“-Konsumenten erleben beim Nachlassen der Wirkung einen starken Drang, erneut Nachzulegen (Craving). Die führt oft zu hohen Dosierungen.
Es ist davon auszugehen, dass die gleichzeitige Einnahme von „Badesalzen“ (z.B. Mephedron) und einigen Antidepressiva zu lebensbedrohlichen Situationen führen kann (sog. Serotonin-Syndrom).
Synthetischen Cathinonen wird ein hohes, psychisches Abhängigkeitspotential nachgesagt. Deshalb müssen betroffene Ex-Konsumenten auf das mögliche Aufkommen eines sehr starken Cravings (Suchtdrucks) vorbereitet werden. Hierbei ist die Vermittlung von individuellen Kontrollstrategien im Umgang mit dem Suchtdruck ein wichtiger Bestandteil der Therapie, um in sog. Risikosituationen stark zu bleiben und Rückfälle zu vermeiden.
Besonderheiten von synthetischen Cannabinoiden (Räuchermischungen)
- Der Rauch von Räuchermischungen riecht nicht wie Cannabis.
- Üblicherweise verwendete Drogenschnelltests zeigen synthetische Cannabinoide nicht an.
- Pharmakologische Profile synthetischer Cannabinoide unterscheiden sich deutlich von THC.
Das Wirkspektrum der synthetischen Cannabinoide kann zum Teil erheblich von der Wirkung des Cannabis-Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) abweichen.
Der Rauschzustand wird oftmals als belastend und anstrengend beschrieben. Dabei kann es zu starken körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen kommen, die für Cannabis eher untypisch und oft noch an den Folgetagen zu spüren sind.
Synthetische Cannabinoide können z.B. folgende Nebenwirkungen und gesundheitliche Auswirkungen hervorrufen: Kreislaufbeschwerden, Mundtrockenheit, Übelkeit, Schweißausbrüche, Herzrasen, Brustschmerzen, Bluthochdruck, Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Verwirrtheit, unerwünschte Halluzinationen, psychotische Zustände, Panikattacken, akute Psychosen.
Die Nachwirkungen nach dem Abklingen der Wirkung können bis zu einigen Tagen anhalten: z.B. körperliche Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Gleichgewichtsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Gedächtnislücken, Taubheitsgefühle in den Fingern und starke Kopfschmerzen.
Bei einigen Konsumenten sind nach dem Konsum von Kräutermischungen schwere Vergiftungen mit Kreislaufzusammenbruch aufgetreten, die notfallmedizinisch behandelt werden mussten.
Im Zusammenhang mit synthetischen Cannabinoiden sind europaweit bereits Todesfällen aufgetreten!
Bislang gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse über akute oder langfristige, gesundheitliche Folgewirkungen. Synthetische Cannabinoide sind weitgehend unerforscht!
Sie stehen unter Verdacht, gesundheitsschädlicher zu sein als herkömmliche Cannabis-Produkte, da synthetische Cannabinoide meist volle Agonisten der Cannabisrezeptoren sind, während THC ein Teilagonist ist. D.h. es werden alle Cannabinoidrezeptoren in Gehirn und Körper voll stimuliert, nicht wie bei Cannabis nur einige bis zu einem gewissen Maße – das Risiko einer Überdosierung ist somit viel höher. Es gibt erste Hinweise auf ein krebserregendes Potential und möglicherweise können sie auch Organe schädigen.
Ferner weisen Studien darauf hin, dass synthetische Cannabinoide mit akuten Psychosen im Zusammenhang stehen und die Verschlimmerung von psychotischen Störungen unter besonders anfälligen Personengruppen zur Folge haben kann.
Weiterführende Informationen zu synthetischen Cannabinoiden sind hier zu finden.
Hinweise zum Entzug von synthetischen Cannabinoiden
Der Entzug von synthetischen Cannabinoiden wird von Konsumenten als sehr „harter Entzug“ beschrieben. Bereits nach kurzer Zeit können starke Entzugserscheinungen auftreten, wie z.B. Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Depressionen, Schlafstörungen, innere Unruhe, Schüttelfrost, extreme Stimmungsschwankungen, Appetitlosigkeit, Antriebslosigkeit, Herz-Kreislaufprobleme, Emotionslosigkeit, Aggressionen, starkes Craving (Suchtdruck).
Aufgrund der heftigen Entzugssymptome sollte den Klienten grundsätzlich nahe gelegt werden, den Entzug niemals alleine durchzuführen. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, sollte die Entgiftung unter ärztlicher Kontrolle stattfinden.
Nach dem körperlichen Entzug können Entwöhnungsprogramme wie z.B. „CANDIS“ oder „Realize it!“, die ursprünglich zur Cannabisentwöhnung entwickelt wurden, die Motivation zur Veränderung des Konsums stärken und unterstützen. Im weiteren Verlauf der Kurzzeittherapie werden Fähigkeiten aufgebaut, die den Klienten helfen, den Konsum synthetischer Cannabinoide zu beenden oder zu reduzieren.
Weitere Infos zu „CANDIS“ sind hier zu finden.
Weitere Infos zu „Realize it!“ sind hier zu finden.
Zudem müssen betroffene Ex-Konsumenten auf das mögliche Aufkommen eines sehr starken Cravings vorbereitet werden. Hierbei ist die Vermittlung von individuellen Kontrollstrategien im Umgang mit dem Suchtdruck ein wichtiger Bestandteil der Therapie, um in sog. Risikosituationen stark zu bleiben und Rückfälle zu vermeiden.